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10.11.2017 - Innerhalb von Sekunden entscheiden

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13.11.2017, VON GABY KIEDAISCH

Hauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Wendlingen: Geht von unbekannter Flüssigkeit Gefahr aus? – Personenrettung hat Priorität

Helle Aufregung am Freitagabend: Die Wendlinger Bevölkerung wird durch das Martinshorn der Feuerwehr aufgeschreckt. Die ist auf dem Weg zu einem Verkehrsunfall mit zwei verletzten Menschen im Schwanenweg neben der Bahnstrecke. Zusätzlich läuft eine unbekannte Flüssigkeit aus – wegen der Nähe zur Trinkwasserfassung ist rasches Handeln gefragt.

 

WENDLINGEN. Ein Szenario, wie es tagtäglich vorkommen kann. Am Freitag war es Gott sei Dank der jährlichen Hauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Wendlingen geschuldet.

Während der Zeitpunkt der Übung vor den Feuerwehrleuten geheim gehalten wurde (lediglich Einsatzleiter und die Gruppenführer waren im Bilde), war im Vorfeld auch die Bahn informiert worden – wollte man doch vermeiden, dass vom Blaulicht die Lokführer vorbeifahrender Züge auf der Bahnstrecke Stuttgart–Tübingen verunsichert werden.

Innerhalb kürzester Zeit folgen dem Wagen der Einsatzleitung vier weitere Feuerwehrfahrzeuge. Als erstes ein Tanklöschfahrzeug und ein Rüstwagen, eine „rollende Werkzeugkiste“ für die technische Hilfe, erläuterte Wolfram Walliser, einer von zwei stellvertretenden Kommandanten in der Wendlinger Wehr. Diese drei Feuerwehrfahrzeuge sind Standard bei Einsätzen wie diesen.

Weil sich bei dem Unfall der gesamte Motorraum des Pkw unter dem Kipplaster befindet und vollständig eingedrückt ist, müssen die beiden eingeklemmten Verletzten über die Heckklappe und die Rückbank vorsichtig geborgen werden. Dafür werden Schere und Spreizer, wie die beiden übergroßen Geräte genannt werden, von den helfenden Feuerwehrleuten eingesetzt. Mit Holzkeilen waren vorher die Räder des Unfallautos stabilisiert worden.

Sanitäter vom DRK-Rettungsdienst Wendlingen-Unterensingen, die an der Übung ebenfalls teilnahmen, nehmen die Verletzten (in dem Fall waren es Dummys) auf einer Trage in Empfang und stabilisieren sie, bis der Notarzt eintrifft. Melvin Mendritzki, Gruppenführer des DRK an diesem Abend, war mit fünf weiteren Helfern vor Ort und lobte die „gute Zusammenarbeit mit der Feuerwehr“.

 

Unfallszenario: Auto fährt zu schnell und unter Kipplaster

Währenddessen steht eine Feuerwehrfrau bereit mit Pulverlöscher und Wasserschlauch für den Fall, dass sich unvermittelt Feuer am Unfallort entzünden könnte. Mit einem sogenannten hydraulischen Zylinder wird das Unfallauto später unter dem Lastwagen befreit.

Dem szenischen Unfallhergang zufolge war der Unglücksfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs und verlor dabei die Kontrolle über sein Fahrzeug. Als Erstes hatte er den Lkw mit der Flüssigkeit touchiert, die durch ein Leck begann auszulaufen. Die Unglücksfahrt endete schließlich nach etwa 150 Meter unter dem zweiten Lastwagen, einem Kipplaster, der gerade dabei war, Ladegut zu entleeren.

Wichtig bei solchen Einsätzen ist immer, dass der Einsatzleiter die verschiedenen Unfälle registriert und die richtigen Entscheidungen trifft. Denn in den seltensten Fällen der Alarmierungen erschließt sich das ganze Ausmaß des Unfalls sofort. Wie in diesem Beispiel, als der Anrufer lediglich einen Unfall mit Personenschaden meldete. Erst beim Eintreffen war der Fahrer des touchierten Lkw auf die Einsatzleitung zugekommen und hatte von der auslaufenden Flüssigkeit berichtet. „Der Einsatzleiter hatte es nicht leicht. Er musste innerhalb von Sekunden entscheiden“, zeigte sich Kommandant Miroslav Jukic zufrieden.

Im Falle von toxischen Substanzen wird der Gefahrgutzug aus Nürtingen mit einer Messgruppe angefordert. Weil es eine Übung war, behalf man sich stattdessen mit einem weiteren Löschgruppenfahrzeug und einem Tanklöschfahrzeug, von der Einsatzleitung in der Leitstelle nachgeordert. Sorge bereitete die auslaufende Flüssigkeit, die nicht dem aufgedruckten Hinweis auf dem Behälter entsprach. Erst die Sondierung der Ladepapiere beziehungsweise die computerunterstützte Datenauswertung brachte den Feuerwehrleuten gleich vor Ort Aufschluss, dass es sich nicht um einen Gefahrguttransport handelte, sondern lediglich eine Reinigungsflüssigkeit befördert wurde, also eine nicht toxische oder ätzende Substanz.

Trotzdem gilt es auch hier, das Leben der Feuerwehrleute zu schützen, weswegen mit den weiteren herbeigerufenen Feuerwehrfahrzeugen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden. Zwei Feuerwehrleute näherten sich dem Lkw mit einem Chemikalienschutzanzug und hatten die Lage dort erkundet, bevor Entwarnung gegeben werden konnte. Gleichzeitig wurde das Leck des Behälters verschlossen.

Vorsorglich war auch der etwa 100 Meter entfernte Kanalschacht gegen die auslaufende Flüssigkeit mit einem Druckluftkissen von weiteren Feuerwehrleuten abgedichtet worden. Für den Fall, dass ein toxischer Stoff bereits in die Kanalisation gelangt ist, wird die Kläranlage informiert. Sie kann dann veranlassen, die Substanz, noch bevor sie in den Reinigungsprozess eintritt, in ein dafür vorgesehenes separates Becken zu leiten, um dort weitere Maßnahmen zu treffen. Von der Feuerwehr werden am Unfallort, falls erforderlich, zusätzlich Chemikalienbinder eingesetzt.

Erschwerend kommt allgemein bei Feuerwehreinsätzen hinzu, dass in der Dunkelheit oder bei schlechten Witterungsverhältnissen nicht immer sofort alles gleichermaßen erfasst werden kann und die Feuerwehren deshalb auf so präzise Aussagen wie möglich durch die Alarmierenden angewiesen sind. In dem Beispiel der Hauptübung in Wendlingen kam die große Entfernung zwischen den zwei Unfallorten erschwerend hinzu.

Im Schwanenweg und auf einem Teil des HOS-Geländes mitverfolgt hatten die Übung unter anderem Mitarbeiter der Stadtverwaltung, Vertreter des Gemeinderats sowie Alois Hafner, der den verhinderten Bürgermeister vertrat.

Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich, der ebenfalls unter den Zuschauern war, sprach von einem „mustergültigen Abarbeiten“ von Aufgaben. Das mache die Routine der Wendlinger Feuerwehr durch ihre Einsätze auf der Autobahn aus, lobte er.

Quelle: Nürtinger Zeitung vom 13.11.2017

 

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