WENDLINGEN. „Ich weiß gar nicht, ob ich so eine Ehrung überhaupt schon einmal hatte“, sagte Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel, als er Gerhard Bauer für 70 Jahre Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr Wendlingen auszeichnete. Die gesamte Feuerwehr und die zahlreichen Gäste der Hauptversammlung am Freitagabend zollten Bauer mit stehenden Ovationen Respekt.
Als Bauer 1954 in die Feuerwehr eintrat, gab es in Wendlingen noch zwei Feuerwehren – in Wendlingen und Unterboihingen. Sein Mitjubilar Hermann Linsenmayer konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen. Doch schon an diesem Abend wurde deutlich: Beide Jubilare sind lebendige Feuerwehrgeschichte Wendlingens.
Würdigung der Feuerwehr durch den Bürgermeister
Bürgermeister Weigel betonte in seiner Begrüßung die unschätzbare Bedeutung ehrenamtlicher Einsatzkräfte für das Gemeinwesen. Die Einsätze beim Hochwasser Anfang Juni und beim Großbrand am Abend vor Weihnachten hätten gezeigt, wie wichtig eine leistungsfähige Feuerwehr sei – und dass man sich in Wendlingen auf sie verlassen könne. Auch über die Stadtgrenzen hinaus funktioniere die Zusammenarbeit, wie der Brand im Otto-Quartier bewiesen habe. Besonders beeindruckt zeigte sich Weigel davon, dass der Kreisbrandmeister die Einsatzleitung dem ortskundigen Feuerwehrkommandanten überlassen habe. „Das ist völlig normal“, rief dessen Stellvertreter Andreas Rudlof dazwischen, denn nur so funktioniere die Zusammenarbeit optimal.
Neue Fahrzeuge für die Feuerwehr
Die Feuerwehr genieße auch in Verwaltung und Gemeinderat hohen Stellenwert betonte der Bürgermeister. Deshalb werde auch darauf geachtet, dass die Wehr für ihre Aufgaben ausgestattet wird. In diesem Jahr erhalten die Wendlinger Retter gleich zwei neue Einsatzfahrzeuge. Bereits in wenigen Wochen soll das neue TLF 3000 eintreffen, die Drehleiter sogar schneller als erwartet bis Mitte des Jahres.
Kommandant Michael Gau dämpfte jedoch die Euphorie: Vor dem ersten Einsatz der Drehleiter sei ein intensives Schulungsprogramm notwendig. „Wir wollen, dass die Drehleiter auch unter realen Einsatzbedingungen sicher bedient werden kann“, erklärte er. Voraussichtlich werde das Gerät samt ausgebildeter Besatzung erst Ende des Jahres voll einsatzbereit sein. Eine große Herausforderung wird außerdem der Umbau und die Erweiterung des Feuerwehrhauses. „Die Baugenehmigung liegt vor“, so Gau. Außerhalb seien bereits die Fundamente für zwei Garagen gegossen. „Wir müssen sehen inwiefern der Umbau unsere Arbeit beeinträchtigt“, so der Kommandant. Durch den Umbau wird das Gebäude aus dem Jahr 1988 allerdings auf den aktuellen Stand gebracht und für den neuen Fuhrpark optimiert.
Rekordzahl an Einsätzen im Jahr 2024
Mit 229 Einsätzen verzeichnete die Wendlinger Wehr 2024 einen Rekord. „So viele wie noch nie“, betonte Gau. Die Statistik trieb insbesondere das Hochwasserwochenende am 31. Mai und 1. Juni in die Höhe: 55 Einsätze wurden absolviert, als die Pegel von Neckar und Lauter gefährlich stiegen. Starkregen in den Folgetagen sorgte für weitere Überschwemmungen, insbesondere in der Hauptstraße, wo Wasser von der Pfarrwiese in die Grundstücke drückte. „Unser Glück war, dass viele Anwohner selbst helfen konnten“, so Gau, sonst hätte die Feuerwehr noch mehr Einsätze leisten müssen.
Die Zahl der Brände sank im Vergleich zum Vorjahr fast um die Hälfte, nur 18 Mal musste die Wehr löschen – darunter aber besonders aufwendige Einsätze wie im Otto-Quartier. Hingegen machten 105 Kleineinsätze wie das Binden von Ölspuren oder Türöffnungen einen Großteil der Arbeit aus. 28 Mal rückte die Feuerwehr zu Brandmeldealarmen aus – zehn davon wurden mutwillig ausgelöst. Besonders eine Wohneinrichtung fiel negativ auf; ihre Anlage wurde mittlerweile vom Netz genommen.
TikTok-Challenge sorgt für Feuerwehreinsatz
Ein Einsatz im April löste bei Kommandant Gau Unverständnis aus: In der Toilette der Ludwig-Uhland-Schule hatten Unbekannte einen Handtuchspender angezündet – offenbar als Teil einer „Challenge“ auf der Videoplattform TikTok. „Ich hoffe, dass solchen Aufrufen künftig nicht mehr gefolgt wird“, so Gau. Auch ohne solche Schülerstreiche war die Feuerwehr 2024 stark gefordert: 74 Einsatzkräfte leisteten insgesamt 6.961 ehrenamtliche Stunden, darunter Einsätze sowie Fort- und Weiterbildungen. Die Jugendfeuerwehr steuerte weitere 1.536 Stunden bei.
Berichte aus den Abteilungen
In den Berichten der Versammlung gab Tim Schad Einblicke in die Jugendfeuerwehr, Stefanie Schad beleuchtete die außerdienstlichen Aktivitäten der Wehr, Kassier Herbert Armbruster informierte über die Finanzen, und Rainer Kaiser stellte die Aktivitäten der Alterswehr vor. Ein neues Gastmitglied in der Alterswehr ist Fred Schuster, ehemaliger Ordnungsamtsleiter. Er und Joachim Vöhringer, langjähriger Leiter des Amts für Familie, Bildung und Soziales, wurden im Rahmen der Versammlung geehrt. Kommandant und Kassier wurden einstimmig entlastet.
Ehrungen für langjährige Mitglieder
Neben den beiden 70-Jahre-Jubilaren wurden Celina Dertinger und Fabian Reimer für 15 Jahre in der Einsatzabteilung gewürdigt. Edmund Walter ist seit 40 Jahren aktiv, Martin Hasinger ebenfalls seit 40 Jahren Mitglied. Heribert Schlosser und Wolfgang Schorer bringen es auf 50 Jahre. Krankheitsbedingt konnten einige der Geehrten an diesem Abend nicht teilnehmen.
Besondere Auszeichnungen für verdiente Feuerwehrmänner
Eine besondere Auszeichnung erhielten Marc Morawsky, langjähriger stellvertretender Kommandant, und der ehemalige Kommandant Miroslav Jukic. Ihnen wurde von Alfred Bidlingmaier, stellvertretender Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands, die Ehrenmedaille des Landesfeuerwehrverbands in Silber verliehen. Die Ehrung war eine komplette Überraschung, da sie von der Wendlinger Wehr streng geheim vorbereitet worden war. Umso größer war die Freude, als Bidlingmaier die Medaillen überreichte und ihr außergewöhnliches Engagement würdigte.
(Quelle: Artikel der Wendlinger Zeitung vom 03.02.2025)