WENDLINGEN. Das Wasser kam überraschend schnell – die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz hinterließ im Juli 2021 ein Bild der Verwüstung. Häuser wurden weggespült, Straßen und Eisenbahnstrecken zerstört. Zwei Jahre liegt das Unwetterereignis nun zurück, bei dem auch Rettungskräfte aus der Region im Einsatz waren. Unter anderem die Feuerwehren aus Wendlingen und Weilheim rückten in der Pfalz an. Sie sind Teil des Hochwasserzugs des Landkreises Esslingen. Die Helfer vom Neckar wurden aber nicht im Ahrtal eingesetzt, sondern an der Sauer – ein Flüsschen an der deutsch-luxemburgischen Grenze, das im Juli 2021 ebenfalls auf nie gekannte Hochwassermarken anschwoll. Einsatzort der Hochwasserexperten aus dem Kreis war Langsur. Der Ort mit rund 700 Einwohner lieg in einer Schleife der Sauer und wurde durch das Hochwasser beinahe komplett eingeschlossen. Drei Tage waren die Helfer dort im Einsatz. Seitdem gibt es einen freundschaftlichen Kontakt zwischen den beiden Wehren. Am Wochenende war nun Gelegenheit für einen Gegenbesuch der Pfälzer Wehrleute bei ihren schwäbischen Kameraden. „Wir wollten einfach Danke sagen, bei allen, die uns damals geholfen haben“, sagt Langsurs Feuerwehrkommandant Sebastian Bach. Die Hochwasserlage damals hätte die Einsatzkräfte vor Ort überfordert. Ein Hochwasser in dieser Höhe hatte es zuvor nur einmal in Langsur gegeben, sagt Bach. Im Jahr 1915 habe die Sauer zuletzt ein vergleichbares Hochwasser gehabt. „Damals stand das Wasser aber einen halben Meter niedriger als 2021“, sagt Bach.
Dabei ist man in Langsur keineswegs unvorbereitet: die Sauer trete regelmäßig über die Ufer, berichten die Feuerwehrleute. Die Häuser im Unterdorf direkt am Fluss hätten deswegen Hochwasserschutzsysteme aus Aluminiumprofilen, die bei Bedarf schnell aufgebaut werden können. Doch im Juli 2021 halfen sie nichts: „Das Wasser kam so schnell und so hoch, dass es einfach über die meterhohen Schutzwände lief“, erzählt Bach.
Wegen der Katastrophenlage in der Pfalz wurde am Abend des 15. Juli der Hochwasserzug des Landkreises alarmiert. „Um 22.30 waren wir dann einsatzbereit“, sagt der stellvertretende Wendlinger Kommandant Marc Morawsky. 21 Feuerwehrleute, davon zehn aus Wendlingen, rückten zunächst in Hermeskeil im Landkreis Trier-Saarburg an. In einer ehemaligen Bundeswehrkaserne, dem Sammelpunkt, wurden die Helfer erfasst und den Einsatzgebieten zugeteilt.
Als die Wendlinger schließlich nach Langsur kamen „wussten wir gar nicht, wo wir anfangen sollen“, sagt Morawsky. 35 Häuser standen unter Wasser. Die Sauer, die sonst zwischen 70 Zentimeter und 1,5 Meter hoch ist, stand auf 9,50 Meter und hatte ganze Stockwerke im Ort geflutet. „In die alten Gewölbekeller drang dazu noch das Grundwasser ein“, berichtet Mark Kiehlmann von der Wendlinger Wehr.
„Das halbe Dorf hat bei der Flutbekämpfung mitgeholfen“, schildert Langsurs Kommandant Bach die Lage: Gemeinsam mit vielen Dorfbewohnern hätte die Feuerwehr in nur einer Nacht mehr als hundert Tonnen Sand in Säcke gefüllt. „Zum Glück sind bei uns, anders als im Ahrtal, alle Häuser stehen geblieben“, sagt Bach. Die Häuser seien heute auch nach ihrer Sanierung alle wieder bewohnbar. Obwohl es noch einige Bewohner gebe, die nach wie vor auf ihre Gelder aus der Fluthilfe warteten, seien die Spuren der Flut im Ort weitgehend beseitigt. Drei Tage halfen die Einsatzkräfte vom Neckar mit, die größten Flutschäden zu beseitigen.
„Ich habe damals drei Tage nicht geschlafen“, sagt Kommandant Bach. Auch die Wendlinger Kameraden machten drei Tage durch. „Schlimm war es, wenn man mal Pause hatte, dann gingen einem gleich die Augen zu“, sind sich Bach und Morawsky einig.
Das große Glück der Menschen im Sauertal sei gewesen, dass die Mosel damals Niedrigwasser hatte, sagt Marc Kesselheim von der Feuerwehr Langsur. Denn ansonsten hätte es einen Rückstau gegeben und das Hochwasser hätte vermutlich noch größere Schäden angerichtet.
Der Einsatz ging aber noch weiter, nachdem die Schwaben schon wieder weg waren: „Die Büsche am Sauerufer waren alle mit Heizöl verschmiert“, berichtet Bach. Man habe sie zurückschneiden und entsorgen müssen.
„Es war eine tolle Zusammenarbeit vor Ort“, lobt der Pfälzer Feuerwehrkommandant seine Kameraden aus dem Landkreis Esslingen. Deshalb wollten sie den Helfern von damals persönlich danken. Aber die Langsurer kamen auch mit einem weiteren, besonderen Auftrag. Sie haben davon gehört, dass Emma, die Tochter des Wendlinger Hochwasserhelfers Mark Kiehlmann, Hilfe benötigt. Das Mädchen ist am sogenannten Labrune-Syndrom erkrankt, einem seltenen Gendefekt, und deshalb auf den Rollstuhl angewiesen. Die Familie sammelt über eine Online-Spendenplattform Geld für den barrierefreien Umbau ihres Hauses. Dazu wollten die Langsurer ihren Teil beitragen und übergaben der Familie in Wendlingen 2500 Euro, die sie in der Wehr und im Dorf für die Familie gesammelt hatten.
(Quelle: Artikel der Wendlinger Zeitung vom 07.08.2023)