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Wehre können für Paddler tödliche Fallen sein

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Wendlinger Unglück mit glimpflichem Ausgang sollte mahnen – Selbst erfahrene Kajaksportler haben großen Respekt vor Wehren

Am Freitagabend hatten ein Mann und zwei Kinder großes Glück im Unglück, als sie mit einem kleinen Schlauchboot in des Sog eines Wendlinger Wehrs gerieten. Sie wurden nach einer schwierigen Rettungsaktion geborgen. Erfahrene Kajakfahrer wissen, wie gefährlich Wehranlagen sein können, Freizeitpaddler unterschätzen die Gefahr jedoch oft.

Über zwei Stunden brauchten die zahlreichen Helferinnen und Helfer, um die verunglückten Personen, die in einer Wasserwalze festgehalten wurden, an das rettende Ufer zu bringen. Wir fragten erfahrene Kajaksportler, was Wehre so tückisch macht. Jochen Riesbeck von der Wildwassergruppe des Deutschen Alpenvereins, Ortsgruppe Nürtingen, ist seit Jahrzehnten mit dem Kajak auf teils reißenden Gewässern unterwegs. Doch im Gegensatz zu deren Stromschnellen haben von Menschenhand geschaffene Verbauungen in Bächen und Flüssen ein besonderes Gefahrenpotenzial.

„Vor allem bei Kastenwehren kommt es zu teils sehr starken Rückströmungen“, so Riesbeck. Bei diesen Wehren werden unter der Wasseroberfläche Barrieren eingebaut, damit es durch den Druck des abfallenden Wassers im Laufe der Zeit nicht zu Ausspülungen kommt. Solche Strömungsverhältnisse können ein Boot immer wieder zurück in die Wasserwalze am Wehr ziehen.

Dass eine Schwimmweste beim Befahren von fließenden Gewässern obligatorisch ist, sollte sich jeder vergegenwärtigen. In dem aktuellen Fall hätte sie aber bei einer Kenterung wohl auch nicht viel geholfen. „Das Wasser in einer solchen Walze ist so mit Luft durchmischt, dass die Weste keinen Auftrieb mehr gibt“, erklärt Riesbeck. Außerdem treten Kräfte auf, die ein Schwimmer niemals bewältigen kann und die selbst noch für stark motorisierte Rettungsboote wie diejenigen der DLRG eine Herausforderung darstellen.

Diese Kräfte demonstriert die Nürtinger Kajakgruppe ihren Mitgliedern hin und wieder bei höheren Wasserständen in Wendlingen. An dem weiter flussabwärts gelegenen großen Wehr kann man von der Brücke beobachten, wie im Fluss schwimmende große Baumstämme von der Wehrwalze verschluckt werden und erst zig Meter weiter wieder auftauchen, um dann vom Rückstrom wieder Richtung Walze gezogen zu werden. Sind zudem noch Kraftwerke in das Wehr eingebaut, kann sich beim Öffnen der Einlässe der Wasserdruck noch erhöhen.

„Laien können die Gefährlichkeit eines Wehrs überhaupt nicht einschätzen“, erklärt Riesbeck. Aber auch die erfahrenen Nürtinger Kajakfahrer gehen kein Risiko ein. Sie holen vor dem Wehr das Boot an Land, umtragen die Gefahrenstellen und setzen es mit genügend Abstand wieder ein. Tarjei Jörgensen, Leiter der Wildwassergruppe und gleichzeitig Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Kanuverbands, ergänzt: „Auch bei scheinbar harmlosen Wehren mit geringem Absturz von vielleicht nur zwanzig Zentimetern kann Gefahr bestehen.“ Er weiß: „Die meisten schlimmen Unglücke geschehen unerfahrenen Freizeitpaddlern.“

(Quelle: Artikel der Wendlinger Zeitung vom 15.06.2021)

Link zum Einsatz:

Einsatz 70/2021 - 11.06.2021 - 20:05 Uhr

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