Zum Inhalt springen

News

Feuerwehren aus Wendlingen und Umgebung üben Ernstfall im Albvorlandtunnel

| News Allgemein

Am Albvorlandtunnel konnten sich die Floriansjünger der zuständigen Wehren ein Bild von der zukünftigen Aufgabe machen

Bisher war die Mannschaft, die den Albvorlandtunnel baute, auch für die Rettung von Kollegen und für die eventuelle Feuerbekämpfung zuständig. Die Mineure allerdings sind Ende Januar mit ihrer Arbeit fertig. Sollte dann etwas passieren, rücken die Wehren von Wendlingen, Kirchheim, Köngen, Dettingen und Oberboihingen aus. Das will allerdings geübt werden.

WENDLINGEN. Noch zweieinhalb Monate ist die sogenannte Rettungswehr für etwaige Unglücksfälle im Albvorlandtunnel zuständig. Rettungswehren – das sind die Mineure, die den Rohbau der beiden knapp über acht Kilometer langen Röhren gebaut haben. Sie wurden von der Firma FBI (Fortbildung, Beratung, Information) aus Geislingen geschult, die Firma stellt auch an 365 Tagen einen diensthabenden Ansprechpartner zur Verfügung.

Die Firma bildet aber nun auch die Feuerwehren aus, die in Zukunft für den Eisenbahntunnel zuständig sein werden. Denn im Januar beginnen die Ausbauarbeiten im Tunnel. Und die Mineure ziehen auf eine andere Baustelle weiter. Da wurde es höchste Zeit für die Wehren aus Wendlingen, Köngen, Kirchheim, Dettingen und Oberboihingen, sich mit dem riesigen Tunnel vertraut zu machen.

Zu lernen gab es einiges. In zwei Stunden galoppierte Marc Semmler, der Geschäftsführer der Firma FBI, mit den Männern durch die notwendige Theorie. Denn ein Tunnel ist ein Bauwerk, das auch erfahrene Floriansjünger vor neue Herausforderungen stellt. Semmler, von Beruf eigentlich Vermessungstechniker, aber mit langjähriger Erfahrung als Feuerwehrmann, stellte den Männern allerdings ein hervorragendes Zeugnis aus: „Man merkt, dass sie Erfahrung bei der Brandbekämpfung haben“, sagt er.

Rollen für die Schleifkorbtrage sind der einhellige Wunsch der Wehren

Dann kam die Praxis. Zwei Stunden erforschten die Feuerwehrleute in kleinen Einheiten den Tunnel, um ein Gefühl für die Distanz zu bekommen. Kleine Einheiten vor allem wegen der Corona-Pandemie. Schließlich will man nicht auf einen Schlag eine ganze Feuerwehrmannschaft außer Gefecht setzen.

Vieles ist neu. Im Gegensatz zur Brandbekämpfung an einem Gebäude dauert es unter Umständen etwas länger, bis man an der Unglücksstelle ist. Handelt es sich um einen Brand mit starker Rauchentwicklung, müssen die Feuerwehrleute daher auch wissen, wie weit sie überhaupt mit der Luft aus den beiden Sauerstoffflaschen kommen. „Die Regel lautet: Ein Drittel des Sauerstoffs wird für Lösch- und Bergungsarbeiten benötigt, zwei Drittel werden für das Hinein- und Hinauslaufen gebraucht“, erklärt Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich, der es sich nicht nehmen ließ, auch an einer der Übungen teilzunehmen.

Am Nachmittag schließlich kam das Praxistraining unter Atemschutz. Um die Übung noch realistischer zu gestalten nahm jede Mannschaft noch eine Schleifkorbtrage zur Personenbergung mit, in die die Schläuche gelegt wurden. Gewicht: etwa 50 Kilo.

In einigen Hundert Metern Entfernung schimmerte ein blaues Licht. „Das ist die Stelle, an der eine Löschwasserentnahme angebracht ist“, erklärte Semmler. Also nichts wie hin. Schläuche anschließen und Wasser marsch. Doch ups, kein Wasser kommt, einer der Anschlüsse ist defekt. Also weiter zum nächsten Anschluss. Diesmal ist alles okay. Kaum spritzt das Wasser aus dem Schlauch, merken die Feuerwehrleute, dass sie mit ihrem C-Strahlrohr nicht allzu weit und nicht allzu hoch kommen. Der Wasserstrahl reicht 15 Meter weit. Der Tunnel hat einen Durchmesser von 10,86 Meter, derzeit sind es vom Betonboden aus acht Meter bis zur Decke. Reicht, möchte man meinen. Doch die Decke des Tunnels zu erreichen, das stellten die Feuerwehrtrupps schnell fest, ist gar nicht so einfach. Jeder durfte diese Erfahrung einmal machen, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Da stellt sich die Frage: ist ein Hochregallager nicht auch sehr hoch? „Ja“, sagt der Kommandant der Wendlinger Wehr, Michael Gau. „Allerdings sind die Brandverhütungsvorschriften andere. In den Lagern sind Sprinkleranlagen eingebaut, im Tunnel nicht.“

Ein Gerüst in der Röhre wird gleich dazu genutzt, in voller Montur und unter Atemschutz auch mal die eigenen Grenzen zu erforschen. Dann der Weg zurück. Er wird beschwerlich. Die Mannschaft aus Kirchheim muss eine Pause einlegen. „Wir brauchen unbedingt eine Trage mit Rollen“, stöhnt einer, der froh ist, die Trage mit Schlauchkörben auch mal absetzen zu können. Einige atmen tief. Wer entscheidet, dass eine Pause gemacht wird? „Man orientiert sich immer am schwächsten Mitglied der Rettungsmannschaft“, erklärt Marc Semmler.

Man merkt das Gewicht des Langzeitpressluftatmers auf den Schultern, sagt ein Feuerwehrmann aus Dettingen bei der Nachbesprechung. Ein anderer wünscht sich eine Übung mit künstlicher Verrauchung. Denn in einem verrauchten Tunnel sei es noch mal schwerer, sich zu orientieren. „Man unterschätzt die Distanz“, erzählt Michael Gau von seinen Erfahrungen. Mit den Floriansjüngern der anderen Wehren, die in den letzten Wochen vor Ort geübt haben, ist er sich einig: Man muss das intensiver üben. Dem stimmt auch Mark Semmler zu. Denn die Feuerwehren sind natürlich auch für die Schadensbekämpfung und Rettung zuständig, wenn ab voraussichtlich 2022 die ICE durch den Tunnel rauschen. Dann ist Üben nicht mehr möglich.

(Quelle: Artikel der Wendlinger Zeitung vom 13.11.2020)

01.jpg